
Unselbständigkeit wurde vermittelt (Mein Heimerlebnis)
Hallo Werner,
welche Erklärung gibt es dafür das du wie ein Pokal von Heim zu Heim rumgereicht wurdest? Nicht nur das du keine Vertrauensperson kanntest sondern dich jedesmal vom neuen in einer Gruppe durchsetzten musstest und bestimmt für dich ein täglicher Kampf war.
Die Unselbstständigkeit war nicht nur bei dir ein großes Problem sondern bei vielen anderen und auch bei mir.
Die Rundumversorgung im Heim hat vielen die Selbstständigkeit geraubt. Ich war nicht einmal in der Lage einkaufen zu gehen geschweige den bei Behörden den Mund aufzubekommen oder sich zu wehren wenn was behördlich nicht in Ordnung war. Nicht einmal eine Kritikfähigkeit konnte ich aufweisen wenn z.B. die Verkäuferin mir zu wenig Wechselgeld herraus gegeben hat. Ich musste erst einmal über viele Jahre dieses lernen und besonders mein Selbstbewustsein erarbeiten um zu erkennen, dass ich als Mensch auch Rechte und Würde haben darf.
Kurioser Weise steht in meiner Akte das Klaus große Probleme damit hat, wenn er Kleinigkeiten erledigen sollte wie z.B. einen Bestellzettel in der Milchküche abzugeben. Also hat man damals diese schon im Heim erkannt aber nichts dagegen unternommen. Es war mir immer sehr unangenehm in anderen Gebäuden des Hauses etwas zu erledigen, denn ich könnte ja vieleicht etwas falsch machen.
Überhaubt bin ich nie gerne draussen gewesen um ja nicht den "Schutz" zu verlieren und immer in vertrauter Umgebung zu bleiben. Denn da war ich wer und mich kannte jeder.
Erst 1973 änderte sich das interne Wirtschaftsgehabe im Heim in den der damalige Direktor Da Costa Gomez diese nach und nach abschaffte. Die Gruppen mussten sich selber versorgen und mit dem monatlichen Haushaltsgeld auskommen. Das heisst wir mussten selber einkaufen gehen und auch die Gruppen mussten sich selber bekochen statt von der hausbackenen Großküche sich das Essen fertig zu erhalten.
Auch besuche beim Arzt, Apotheken, Schuhe und Klamotten wurden absofort von uns selber erledigt und nicht mehr Zentral organisiert. Durch diese Praxis wurden zwangsläufig die Kinder selbstständiger. Für uns kam es jedoch ein paar Jahre zu Spät. Zu tief sassen in uns noch die alten hausbackenen Strukturen in den Köpfen und der Wegfall unserer gut behüttete Bequemlichkeit, alles herangetragen zu bekommen, erschwerte zusätzlich unseren Tagesablauf.
Erst viele Jahre später lernte ich nach und nach das Versäumte aufzuholen...
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Es gibt immer einen Weg zu uns allen - wir müssen es nur wollen
Mit lieben Grüßen euer Klaus
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Werner,
23.10.2009, 17:04
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Klaus Grube,
24.10.2009, 07:31
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Werner,
24.10.2009, 14:05
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imi,
26.10.2009, 16:11
- Unselbständigkeit wurde vermittelt - Werner, 26.10.2009, 17:53
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Klaus Grube,
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