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Manfred Brusseler: Ein Amerikaner erzählt von Sülz (Mein Heimerlebnis)

hütchen @, köln, Montag, 13.07.2015, 19:52 (vor 3203 Tagen)
bearbeitet von Klaus Grube, Montag, 20.07.2015, 10:25

hallo ihr da draußen,

ich erhielt eine mail und bat den absender darum, seine geschichte selbst ins forum zu stellen
oder mich die geschichte einstellen zu lassen.
er wählte letzteres, doch ich darf es unter seinem namen tun.

Hier also die Geschichte von Manfred Brusseler, der 1963 nach Amerika auswanderte (Original-Mail):
Ein Koelscher Gruss!
Werde versuchen, so kurz wie moeglich zu schreiben.

Erfahrungen in Suelz:
1945-1946: Gehoerte zu einer Jungengruppe unter der Aufsicht von Schwester Maria Hildegund. Eine wunderbare Dame, sehr talentiert, gerecht, Photographie-Hobby, liess mich bei der Entwicklung der Bilder mithelfen.
Spaeter versuchte, mir das Akkordionspielen beizubringen...ohne Erfolg (denn mir taten die Finger weh). Ich bereue heute, dass ich nicht weitergemacht hatte.


[image]
Gruppe Kellner 1953, Zeltlager Schwarzwald, Manfred steht neben der Köchin

Wurde spaeter aufs Kinderheim Koeln-Muehlheim (Elisabeth-Breuer-Stift)transferiert, von wo ich 1952 mit Voksschulzeugnis abging. Anschliessend 2 Jahre Handelsschule Koeln und gleichzeige Umsiedlung ins neue Lehrlingsheim unter der Leitung von Johannes Kellner.

[image]
Kloster Steinfeld 1952, Manfred in der Mitte mit Georg und Adi

Meine Erfahrung dort: Fuer mich war alles perfekt, gute Behandlung, Aufmerksamkeit, Gerechtigkeit, Vertrauen. Ich durfte im Bureau Kellner die Schreibmaschine benutzen und oft dort mithelfen. Hatte grossen Respekt fuer Kellner Familie mit ihren 9 Kindern, alle super intelligent und talentierte Musiker. Habe mit Herrn Kellner fast bis zu seinem Tode Kontakt behalten.
Ich weiss von ihm, dass seine Frau am Ende an Leukemie gestorben war.
Er hatte am Ende noch mit seiner Tochter Elisabeth gelebt. Von seinem Privatleben und familiaere Disziplin hatte ich nie einen Beweis. Die Familie hatte einen gewissen Fluegel auf Parterre im Lehrlingsheim, also eine andere Welt.
Fuer mich war Herr Kellner eine Repektperson, man koennte sagen, eine Vaterperson.

Bin 1963 nach USA ausgewandert und habe von dort meine Korrespondenz mit Herrn Kellner aufrecht ehalten. Es ist traurig, dass man aus Suelz solche miserablen Nachrichten lesen muss.

Nochmals, ein Koelscher Gruss!
Manfred Brusseler

UND DIE NÄCHSTE MAIL LAUTETE (ein/zwei persönliche sätze habe ich weggelassen):
Wenn man aelter wird, denkt man immer wieder gerne - oder auch ungerne - zurueck an die frueheren Jahre. Bei mir fingen einige dieser Jahre 1945 an, als ich als Achtjaehriger mit meiner Mutter aus der Evakuierung zurueck nach Koeln kam. Aus verschiedenen Gruenden - meistens sozial und gesundheitlich - hatte das Jugendamt sich entschlossen, mich von meiner Mutter zu trennen, da sie nicht in der Lage war, sich um mich zu kuemmern.

Deshalb der Anfang im Koelner Waisenhaus (unter der Leitung von Dr. Abeln), wo ich dann in einer Jungengruppe lebte unD in der Heimschule das 2. und 3. Schuljahr fortsetzte. Alles war gut organisiert, sauber, freundlich, besonders die Pflege der Schwstern, die wohl mit vielen Jungen und Maedchen ihre Haende voll hatten.

Es sieht so aus, dass ich zum Forum - zu Dir, in diesem Fall - durchgedrungen bin, um einen positiven Eindruck ueber meine Zeit dort zu berichten. Sozusagen, ein Echo der Veergangnheit!

Es ist mir klar, dass sich die Dinge ueber die Jahre geaendert haben und viele junge Leute den Weg ins Leben ueber das Waisenhaus gefunden hatten. Ich persoenlich bin sehr dankbar, dass es nach dem Krieg eine Organisation gab, die sich dort einschalten konnte, wo das Leben nach dem Krieg nicht gerade lebenswert war, besonders fuer die vielen Kinder, ob Waisen oder Halbwaisen.

Vor einem Jahr, als ich wieder einmal auf der Website Koeln war und "Waisenhaus" eintippte, kamen allerhand Artikel an die Oberflaeche. Dabei fand ich, dass ein Buch ueber die Geschichte des Suelzer Kinderheims 1917-2012 existierte und habe dann eine Kopie: Vom Koelner Waisenhaus zu KIDS werwerben koennen. Dieses Buch gehoert in meine kleine Bibliothek. Auf der Seite 167 befindet sich ein Photo von einer Gruppe junger Maenner (Jungen), die an diesem Sonntag gerade auf dem Weg zum Gottesdienst waren. Ich gehoerte zu dieserr Gruppe, bin aber nicht auf dem Photo, weil ich sehr wahrscheinlich bei meiner Tante in Ehrenfeld zu Besuch war und gewoehnlich Sonntag Abend wieder ins Lehrlingsheim zurieckkehrte. Einige der Jungen sind mir noch in Erinnerung - Heinz St. (der Grosse), Horst P., Walter B. (gegen wen ich oft beim Schach verloren hatte), Rudi W., Guenter....und Bruder Rudi und fast versteckt Johannes Kellner (nur Kopf sichtbar).

Wir waren alle befreundet und die meisten von uns spielten sogar Fussball, unter der Leitung eines Assistenten von H. Kellner, Herrn Griesa, der sehr flink auf den Beinen war.

Seite 161 im Kapitel 6:Paedagogik im Wandel 1945-1970. Als ich in Suelz war, gerade zur Karnevalszeit 1946, hatte die Schwester Maria Hildegund eine Karnevalsfeier organisiert und dabei jede Menge Aufnahmen gemacht, bei deren Entwicklung ich geholfen hatte. Auf der Seite 163, oben rechts, das Bild einer Fussballmannschaft unter der Leitung von Schwester Maria Hildegund.

Noch schoene Jroess vun wiggem..... Manfred

--
Langzeitstudentin der Toleranz!


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