
Sichtweise eines Erziehers (von einem anderen Heim von mir) (Allgemein)
A. Brix
A.Brix
Ich arbeitete von 1974 – 1981 bei der Küpper-Stiftung. Wenn ich nun ein paar Erinnerungen aufschreibe, dann nicht nur, um in alten Zeiten zu schwelgen, sondern auch um negative Dinge auf zu zeigen, die damals von uns geändert wurden, aber in der heutigen gesellschaftlichen Situation wieder hochaktuell sind; siehe geschlossene Heime, Gitter vor den Fenstern, Perspektivlosigkeit von Jugendlichen durch Diskriminierung etc.
Ich kenne die Einrichtung nur in Niehl. Als ich begann, leiteten evangelische Nonnen das Heim, die von den Kindern mit „Tante“ angeredet werden mußten. Diese lebten auch auf den Gruppen und hielten alles Tag und Nacht unter ihrer Fuchtel. Eine Ausbildung im pädagogischen Bereich hatten sie größtenteils nie erhalten. Doch damals brauchte man es nicht, sie waren ja gute, saubere Christinnen. Die Gruppen bezeichnete man als „Stationen“, wie in einem Krankenhaus, Nach ihrer Ansicht hielten sich dort ja Kranke auf, „sozial Kranke“. Und denen wollte man die Liebe Gottes beibringen.
Chefin war eine Schwester Martha. Ich begann auf Blau I mit der Gruppenleiterin Frau Funke. Das Erste, was man mir beibrachte, war...... wie man zu wischen hat.... Es fällt mir heute schwer diese Situation richtig schildern zu können, da es eigentlich eher in einen Film von Monty Python passen würde. Aber um mit Heimkindern zu arbeiten verbrachte man 2 Stunden damit, mir genauestens bei zu bringen wie ein Putzlappen ins Wasser getaucht wird, wie er ausgewrungen und dann über den Schrubber gestülpt wird....... Kein Wort zu den Kindern, kein Wort zu der Erziehung, kein Wort zur Aufgabenstellung.
Für das gesamte Heim gab es eine zentrale Küche. Dort wurde vormittags das Essen gekocht. So ungefähr gegen 10 – 11 Uhr war dieses fertig und dann in großen Bottichen warm gehalten. Ihr könnt Euch vorstellen, wie gehaltvoll diese Pampe war, als es dann 1 bis 2 Stunden später den Kindern vorgesetzt wurde. Selbstverständlich wurde vor dem Essen dem lieben Gott ein Dankgebet gesagt. Das war meine erste Aufsässigkeit; bei mir durften die Pänz ohne Gebet diese Pampe zu sich nehmen; das wäre doch eine Beleidigung Gottes gewesen, (falls es ihn überhaupt gibt) ihm dafür auch noch zu danken.
Fast alle Kinder gingen in die Heimschule, natürlich eine Sonderschule. Wer diesen sozialen Status hatte, hatte eben auch dumm zu sein und dumm zu bleiben. Einen Austausch mit den dortigen Lehrern gab es nicht, Das war auch nicht gewollt, weder von der Heimleitung noch von den Pädagogen der Schule her.
So für heute sollte das erst einmal reichen!
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Bevor Du urteilen willst, über
mich oder mein Leben, ziehe meine
Schuhe an und laufe meinen Weg,
durchlaufe die Straßen, Berge und
Täler, fühle die Trauer, erlebe den
Schmerz und die Freuden.........
.....und erst DANN kannst Du
urteilen...